Innere Heilung: Die Rosskur

"Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen."
Johannes 8,32.

„Pastor, ich hatte eine schwere Jugend. Du solltest meine Eltern mal kennenlernen…“

Mit einer Variation dieses Satzes beginnt so manches Gespräch. Kindheit und Jugend werden als problematisch erinnert. Problemperson kann aber auch der Chef sein, der Vorarbeiter, die Polizei, Tante Emma oder der Bademeister oder sonst eine Person, die im entscheidenden Moment sozial über der nunmehr traumatisierten Person stand. Wenn ich solches höre, dann nicke ich bedächtig und mach mir meine Gedanken.
Denn es ist so:
Nichts ist für die gute Entwicklung unserer Persönlichkeit und die christliche Reife wichtiger als die Wahrheit. Jesus sagt, die Wahrheit macht frei. Wer mit einer Lüge lebt, lebt nicht in der Wahrheit und ist folglich auch nicht frei. Nicht wenige fühlen sich deswegen unfrei, ohne zu wissen warum. Denn sie haben ja nichts Schlechtes getan, dessen sie sich bewusst wären. Dass sie mit einer Lüge leben, ist ihnen eben nicht bewusst. Wer in der Dunkelheit sitzt, dem nützt ein Spiegel nichts.
Worauf will ich hinaus?
Hast du  dich schon einmal gefragt, ob es dir geht wie mir und du dich an manch schmerzhafte Situation falsch erinnerst?
In unseren Geschichten sind wir immer die Helden.
Doch sind wir das wirklich?
Kann es sein, dass dein Vater dir damals den Hintern so versohlt hat, nicht weil er ein gefühlskalter Brutalo ist, sondern weil du dem dicken Nachbarn die Reifen an der Bonzenkarre zerstochen hast? Alle vier. Was für dich ein lustiger Jugendstreich war, war für deinen Vater eine kostspielige Angelegenheit. Denn natürlich kam alles raus. Dein Vater hat es gut mit dir gemeint, als er dich diszipliniert hat. Du hingegen machst eine Kindsmisshandlung daraus, die es objektiv nicht gab.
Nicht dein Vater, DU warst das Problem.
Du erinnerst dich daran, dass deine Mutter immer streng war. Gefühlte Ewigkeiten saßt du jeden einzelnen Tag deiner Kindheit an deinen Hausaufgaben, weil sie dich unerbittlich dazu zwang.
Kann es sein, dass du ein fauler Strick warst?
Dass du lieber mit deinem Telefon gedaddelt hast oder Bücher gelesen hast, statt zu arbeiten?
Deine Faulheit war das Problem, nicht deine Mutter.
Kann es sein, dass dein Chef dich so scharf ermahnt hat, weil du einen Kollegen beleidigt hast?
Nicht diese Nulpe, sondern du selber bist schuld an den schlechten Vibrations im Betrieb.
Kann es sein, dass deine Kollegin dir kein Geld mehr leiht, weil du es ihr nie zurückgibst?
Nicht deine Kollegin braucht Vergebung, sondern du.
Die anderen Kinder mochten dich nicht?
Weil du ungekämmt warst, entsetzlich gestunken hast, und das Essen zwischen deinen Zähnen immer mitgelächelt hat?
Gibt's!
Dass man dich nicht besonders leiden kann, weil du dich immer vordrängelst?
Dass du dir mit deinen Sprüchen eine Position anmaßt, die du gar nicht hast?
Dass du im Knast gelandet bist, ist nicht die Schuld dieses superharten Staatsanwalts, sondern die Schuld dessen, der im Spiegel immer so leidend dreinschaut, wenn du ihn rasierst (oder sie schminkst).
Manche Menschen pflegen ihre Verletzungen und stöhnen über die Welt, anstatt sich einzugestehen, dass sie höchstselbst die Wurzel des Problems sind. Das anzuerkennen ist jedoch der erste Schritt zur Freiheit. Jesus ist kein Helfer derer, die sich selbst etwas vormachen.
Also: Get over yourself, gibt dir selber Rechenschaft und übernimm die Verantwortung für deine Befindlichkeit. Oder bleib „verletzt.“

"Im Recht scheint, wer in seiner Streitsache als erster spricht, doch dann kommt der andere zu Wort und man durchschaut ihn." (Sprüche 18,17).

P.S.: Das Geschilderte trifft natürlich nicht auf alle zu. Aber schon auf einige.

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