Die Bibel und der Kohleneimer

"Und er lehrte sie vieles in Gleichnissen."
Markus 4, 2.

Meine Frau kam gerade aus Amerika zurück und hat mir zu meiner Erbauung (und Erheiterung) aus Amish Country eine Zeitung, die dort alle zwei Wochen erscheint, mitgebracht. Die Amischen sind deutschstämmige Siedler, die heute noch leben wie vor 200 Jahren. Es gibt sie vor allem in den Staaten Pennsylvania und Ohio. Sie kamen einst vor allem aus der Schweiz und der Pfalz, um hier ihren christlichen Glauben ungestört leben zu können. Sie haben Nachnamen wie Kurtz, Coblentz oder Schwarzentruber und leben in Städten, die Fryburg, Fredericksburg oder Millersburg heißen. Viele reden sogar noch deutsch.
Die meisten weißen Amerikaner sind übrigens deutscher Abstammung. 23 % von ihnen. Bis heute. Die Amis sind mehr mit uns verwandt als mit jedem anderen Volk.
In dieser Zeitung, (die es so in Deutschland nicht gibt, ich kann also keinen Vergleich anführen), stehen viele besinnliche Geschichten, Nachrichten, alberne Unterhaltung und so manche Werbung, die hierzulande die ein oder andere Behörde auf den Plan rufen würde. (Die Quacksalberei feiert fröhliche Urständ).

In dieser Zeitung also wird eine Geschichte aus den Bergen von Ost-Kentucky kolportiert.
Dort lebte einst ein Großvater mit seinem jungen Enkelsohn. Der Junge sah seinen Opa jeden Morgen die Bibel lesen. Da der Bub in jeder Hinsicht sein wollte wie der Alte, steckte auch er seine Nase in das dicke Buch.
Eines Tages fragte der Junge, „Opa, ich versuche die Bibel zu lesen, so wie du, aber ich versteh sie nicht. Was ich verstehe, das vergesse ich gleich wieder. Was nützt es, die Bibel zu lesen?“
Der Großvater, der gerade Kohle nach gelegt hatte, sagte, „Nimm diesen Kohleneimer und geh zum Fluss und hol einen Eimer Wasser.“
Der Bub tat wie geheißen. Doch bevor er wieder beim Haus ankam, war das Wasser durch die Löcher im Kohleneimer ausgelaufen, und zwar völlig.
Der Großvater lachte und sagte, „Das nächste Mal musst du schneller laufen.“
Der Bub ging noch einmal und beeilte sich sehr. Doch der Eimer war wieder leer.
„Probier's noch einmal!“
Der Junge flitzte diesmal so schnell wie er konnte, das Wasser hatte sich jedoch trotzdem wieder verflüchtigt.
„Opa, das geht nicht,“ sagte der Knabe atemlos. „Das ist nutzlos, was ich da mache.“
„So so, du denkst das bringt nichts.“ Der Alte kraulte sich den Rauschebart. „Schau mal den Eimer an.“
Der Bub tat wie geheißen und da fiel ihm auf, dass der vormals kohlenschwarze Eimer nun blitzte und blinkte. Er war sauber geworden.
„Siehst du, mein Großer, dasselbe passiert wenn du die Bibel liest. Du verstehst sie vielleicht nicht gleich und erinnerst dich nicht an alles. Doch wenn du sie liest, dann verändert sie dich von innen heraus. Langsam aber sicher wirst du ein wenig mehr wie Jesus. Und so wie er willst du werden.“

Die Geschichte hat den intellektuellen Tiefgang des ländlichen Amerika und atmet dessen Glauben. Corny, könnte man sagen. Aber die Grundaussage stimmt: Das Wort Gottes verändert uns von innen heraus. Wenn wir uns drauf einlassen.

"Ohne Gleichnis aber redete er nicht zu ihnen." (Markus 4, 34).

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