Mit den dunklen Tagen umgehen

"Und seid dankbar."
Kolosser 3, 15.

Vielleicht ist die Welt doch flach.
Denn während ich dies schreibe, fällt die sowieso schon trübe Sonne über die Tischkante in den Abgrund und verschwindet spurlos. In Rekordgeschwindigkeit.
Diese Woche hat die kürzesten Tage des Jahres.
Das kann aufs Gemüt wirken.

Gospel und Blues sind nicht nur Musik. Sie sind zwei entgegengesetzte Weltanschauungen. Der Gospel lobt Gott und atmete die frische Luft des Evangeliums, während der Blues jammert. Und jammert. Und jammert.
Wir stecken im Blues-Halbjahr.
Es ist dunkel, kalt und verregnet, und von einer Mollstimmung geprägt, im Gegensatz zum Gospel-Halbjahr. Das bediente sich derselben Akkorde, bloß in Dur, was dem Ganzen ein wesentlich fröhlicheres Klangbild verleiht. Wer ein Instrument hat, kann das nachstudieren.

Die Sonne weigert sich lange, überhaupt aufzugehen, und wenn sie es tut, dann drückt sie sich am Horizont entlang wie ein flüchtiger Sträfling, um so bald als irgend möglich wieder in der Dunkelheit zu verschwinden.
In meiner Jugend hat mich diese Jahreszeit immer melancholisch gestimmt. Als ich Christ wurde, hat sich das geändert. Ich habe nämlich gelernt, dass man fensterblickinduzierten trüben Gedanken nicht übermäßig nachhängen darf.
Vielmehr muss man sich aufs Wesentliche besinnen und absichtlich dankbar sein, quasi in Mollzeiten innerlich Dur spielen.
Dankbar sein ist wichtig.
Sagt nicht nur die Bibel. Sogar der alte römische Denker Seneca stößt ins selbe Horn, wenn er schreibt, „Unterhalb von allem steht der Undankbare. Denn alle (Übel) stammen vom Undankbaren, ohne den kaum jemals ein großes Verbrechen entstand.“
Frei nach 1 Timotheus 6, 10 könnte man sagen, „Eine Wurzel alles Bösen ist die Undankbarkeit, denn sie führt dazu, dass man vom Glauben abirrt und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt.“
Auch dieser Satz stammt von Seneca: „Wenn du weißt, daß dankbare Gesinnung an sich erstrebenswert ist, so ergibt sich daraus auch, daß Undankbarkeit etwas ist, das an sich zu meiden ist. Denn nichts vermag die menschliche Gemeinschaft so gründlich aufzulösen und zu zerreißen wie dieser Fehler.“ Der Mann war kein Christ, wohlgemerkt, wusste aber trotzdem erstaunlich gut Bescheid.
Also seien wir dankbar für unsere frei erhältlichen deutschen Bibeln, unsere Gemeinden, unsere Geschwister, unsere warmen Häuser und das gute Essen, die guten Straßen und die guten Autos und die vielen anderen guten Dinge, die Gott uns im Übermaß genießen lässt.
Ärgern können wir uns immer noch, wenn die Sonne wieder scheint.
Menschen in helleren, wärmeren Weltgegenden geht es nicht so gut wie uns im Dezember. Wir sollten also dankbar sein und Gott bitten, dass er uns den Segen erhält.

"Deshalb laßt uns, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, dankbar sein, wodurch wir Gott wohlgefällig dienen mit Scheu und Furcht." (Hebräer 12, 28).

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