"Die Söhne Gottes und die Töchter der Menschen"
„Da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie
schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie
wollten... Das sind die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer.“
Erste Mose 1 Mose 6, 1+4.
„Pastor, in der Bibel steht, die Söhne Gottes haben die
Töchter der Menschen geheiratet. Das klingt abgefahren. Weißt du mehr darüber?“
Es ist so:
Sofort nach dem ich seinerzeit Pastor wurde, änderte sich
mein Blick auf viele Dinge.
So wurde mir schlagartig klar, dass es wichtigeres gibt, als
sich „tiefe Erkenntnisse“ über Engel und Dämonen anzueignen. Davor haben mich
solche Dinge auch interessiert. Als Pastor macht man jedoch auf einmal Nützlichkeitserwägungen.
Denn man will, dass die Gemeindemitglieder auch am Montag auf der Arbeit eine
gute Figur machen und nicht nur am Sonntag Hochgefühle haben.
Ich will dennoch kurz auf die „Söhne Gottes und die Töchter
der Menschen“ eingehen.
Für die Juden war ziemlich klar, dass es sich hier um gefallene
Engel handelt, die mit den Töchtern der Menschen so etwas wie Halbgötter
produzierten. Selbst die Legenden der Heiden sind ja voll mit solchen Gestalten.
Herkules, die Amazonen, die Nymphen, die Sirenen, Furien, Musen, Grazien, die
Titanen, die Giganten: alles sowas wie Halbgötter.
Und wir wissen auch aus der Bibel, dass Engel sehr wohl
Menschengestalt annehmen können. Schließlich kamen einst drei Männer zu Abraham,
bei denen es sich um den Herrn und zwei Engel handelte. Sie aßen und tranken
mit ihm. Und während die beiden Engel weiterzogen, unterhielt sich der Herr mit
Abraham über den bevorstehenden Untergang Sodoms.
Die Sodomiten Sodoms wiederum waren hellauf begeistert vom
Aussehen der beiden Engel und bestanden darauf, dass Lot sie auslieferte. Als
Lot sich weigerte, bedrängten die Männer von Sodom ihn, woraufhin die Engel ihn
ins Haus zogen und retteten. (1 Mose 19, 9-10).
Engel können also wie gutaussehende Männer aussehen.
Aber:
Engel sind geschlechtslos.
Jesus sagt in Matthäus 22, 30: „Sie heiraten nicht und
werden nicht verheiratet.“ Über die Zeit vor der Sintflut sagt Jesus jedoch in
Matthäus 24, 37: „Sie heirateten und wurden verheiratet, bis Noah in die Arche
ging.“ Dass manche Männer menschgewordene Engel waren, sagt er ausdrücklich
nicht.
Außerdem heißen gefallene Engel in der Bibel nirgendwo
„Söhne Gottes.“
Wer also waren diese Söhne Gottes?
Ich als Pastor behaupte, es waren Söhne Seths, die sich
Töchter Kains ausgeguckt haben.
Zu jener Zeit gab es nämlich zwei Zivilisationslinien: Eine
geistlich gesonnene und eine materialistische, eine gute und eine böse. Wir
würden heute sagen: Eine christliche und eine weltliche.
Nach dem Kain seinen Bruder Abel ermordet hatte, floh er ins
Land Nod, wo er eine Stadt gründete. Er ging nicht alleine, sondern nahm seine
Frau und andere Gleichgesinnte mit sich.
Die Gesellschaft, deren Patriarch er wurde, war weltlich,
gewalttätig und, sagen wir, sinnenfroh. (Klingt besser als: triebhaft).
Man kann dies in 1 Mose 4 nachlesen.
Der letzte erwähnte Patriarch aus der Linie Kains war
Lamech, ein leicht reizbarer Gewalttäter, der sich zwei Ehefrauen leistete.
Der Apostel Johannes sagt, Kain war „aus dem Bösen.“ (1
Johannes 3, 12). Er war somit kein Sohn Gottes.
Eva gebar nach dem Mord an Abel einen Sohn namens Seth, über
den sie sagte: „Gott hat mir einen anderen Nachkommen gesetzt anstelle Abels.“
(1 Mose 4, 25). Seth und die seinen praktizierten einen geistlichen Lebensstil
und trugen die Flamme des Glaubens weiter.
In Seth lebte das Ebenbild Gottes, in dem Adam einst
geschaffen worden war, weiter. Er war nicht aus dem Bösen, vielmehr war er im
weiteren Sinne ein Sohn Gottes.
Und seine Söhne auch.
Eines Tages aber sahen die Söhne Gottes, wie sexy manche Töchter
aus der Linie Kains doch waren. Nicht zuletzt fiel ihnen auf, dass diese eine
völlig andere Moral lebten und sexuell zugänglicher waren als die sittsamen Frauen
ihrer eigenen Sippe.
Und es kam, wie es kommen musste.
Die beiden Linien vermischten sich.
Und so verdarb auch Seths Linie.
120 Jahre später kam die Sintflut.
Paulus hatte schon recht, als er sagte: „Irrt euch nicht:
Schlechter Umgang verdirbt gute Sitten.“ (1 Korinther 15, 33).
Wir sehen dieses Phänomen wieder und wieder in der Bibel.
In 4 Mose 25 will der Moabiterkönig Balak Israel schaden.
Dazu heuert er einen mächtigen Propheten namens Bileam an. Doch der kann Israel
nicht verfluchen, denn Gott hat es gesegnet. Daraufhin rät Bileam dazu, Frauen
auf die Männer Israels anzusetzen.
Jesus selbst sagt in Offenbarung 2, 14, dass Bileam den Balak
lehrte, eine Falle vor Israel hin zu stellen, nämlich Götzenopfer und Unzucht.
Nun, es hat funktioniert. 24.000 starben deswegen in Israel.
David, der man nach dem Herzen Gottes, blickte einst auf
Bathseba. (2 Samuel 11). Das Unheil nahm seinen Lauf und Menschen starben auch
hier.
Viele Männer sind schwach und so manche Frau ist schön. Und
nicht immer geht das gut aus.
Selbst die Kirchengeschichte kann ein Lied davon singen. Ein
Blick in die französische Reformationszeit veranschaulicht dies.
Die Hauptvertreter des französischen Protestantismus waren im
Jahr 1560 der König Anton von Navarra und sein Bruder Prinz Louis von Condé.
Beide waren wiedergeborene Christen. Beide hatten vorbildliche Frauen, die
nicht die Muttergottes und alle möglichen Heiligen anriefen, sondern die Bibel ernstnahmen
und danach lebten.
Zu jener Zeit herrschte über Frankreich die katholische
Katharina von Medici als Exekutivkönigin für ihren 10-jährigen Sohn Karl IX. Ihr
behagte nicht, dass im ganzen Land christliche Gemeinden entstanden, ja sich
sogar Bischöfe zur neuen Lehre bekannten. Selbst im stockkatholischen Paris
gingen sonntags mehr als 6000 Menschen in evangelische Gottesdienste. Die
Hauptstützen der Erweckung waren Navarra und Condé.
Da beschloss die listige Italienerin, zwei Lockvögel auszusenden.
Die eine junge Menschentochter ging nach Navarra und verführte König Anton.
Die andere nahm sich erfolgreich Prinz Louis vor.
Beide Herrscher verfielen sittlich. Und, wie allseits bekannt,
gewann der Katholizismus in Frankreich langfristig die Oberhand.
Wie nun wurden die Kinder der Göttersöhne und Menschentöchter
zu Gewalthabern? Wie wurden sie zu Helden der Vorzeit?
Nun, diese gefallenen Männer waren mit einer christlichen
Arbeitsethik erzogen worden. Man hatte ihnen Disziplin und Hingabe an ein Ziel
beigebracht. Ihre guten Eltern wollten sie schließlich zu produktiven Gliedern
der Gesellschaft machen.
Das Ziel dieser abgefallenen Männer war jedoch irgendwann:
ein Thron.
Die meisten Sünder sind undiszipliniert und triebgesteuert,
und daher leicht zu besiegen. Eine intelligente, disziplinierte, an ein böses
Ziel hingegebene Person hingegen ist ein furchtbarer Feind. (Siehe Hitlerdeutschland).
Kein Wunder, dass diese Männer irgendwann mächtig wurden, „Unheilvolle des
Namens“ (so wörtlich). Gewaltsherrscher eben.
Denkende, disziplinierte Böse: Sie waren der Grund für die
Sintflut.
(Und selbst wenn sie Halbgötter gewesen wären: Der Gott
Adams und Abels und Seths, Henochs und Noahs war mächtiger. Er fegte sie alle
weg. Die Flut ließ keinen dieser dämonisierten Herrscher übrig. Nur Noah und
seine Familie. Und die gehörten zu den Guten).
„Es gibt keine Weisheit und keine Einsicht und keinen Rat
gegen den HERRN.“ (Sprüche 21, 30).
Eieiei. Jetzt ist dieser Artikel doch länger geworden als
gedacht.
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