Die Dünnhäutigkeit unserer Tage
„...und des Menschen Feinde werden seine eigenen
Hausgenossen sein.“
Matthäus 10,36.
In Amerika wird dieser Tage ein Trend beobachtet, der einen
zweifeln lässt. Und da amerikanische Trends früher oder später auch bei uns
ihre Wirkung entfalten, hier ein paar Gedanken dazu.
Der Trend ist folgender: Die Leute halten keine abweichenden
Meinungen mehr aus.
Die Wahl Donald Trumps hat diese Befindlichkeit nicht
hervorgerufen, sondern zutage gefördert. Reuters hat nämlich eine Umfrage
gemacht und herausgefunden, dass 40 % der Befragten mit Verwandten oder
Freunden wegen des neuen Präsidenten gestritten haben. 20 %, also einer von
fünfen, hat daraufhin die Beziehung abgebrochen.
Allen ernstes.
An manchen Universitäten finden regelrechte
Straßenschlachten statt, wenn dort ein Gastsprecher eingeladen wird, der eine
von der Studentenmeinung abweichende Sichtweise vortragen möchte. (Bei den Gemobbten
handelt es sich praktisch immer um konservative Sprecher und bei den
Studenten um Trumphasser). So passiert im kalifornischen Berkeley und dem Middlebury
College in Vermont.
Dabei existieren Universitäten angeblich, um das Denken zu schulen
und zu vermitteln, wie man unterschiedliche Standpunkte gegeneinander abwägt. Dort
findet jedoch zu oft Indoktrination statt, die naturgemäß keine abweichende Meinung
zulässt. (Indoktrination ist nicht dasselbe wie Wahrheitsvermittlung. Zur
Wahrheit gibt es in der Tat keine Alternative. Eine von der Wahrheit
abweichende Meinung ist keine gültige Meinung. Indoktrination hingegen ist
Ideologievermittlung; da ist die Wahrheit nicht immer so wichtig).
Bleibt zu hoffen, dass diese Studenten ihre Sturm-und-Drang-Zeit
wohlbehalten überleben und irgendwann trotz Unibesuch erwachsen werden.
Doch es trifft nicht nur Studenten.
Von einer Frau, die mit Mann und Freunden gemütlich beim
Essen saß, wird berichtet, sie sei wie betäubt gewesen, als ihr Mann im
Gespräch beiläufig erwähnte, er werde für Trump stimmen. Als sie das
Bewusstsein wiedererlangte, tat sie kund, sich von ihm trennen zu müssen. Sie
habe keine Ahnung gehabt, dass sie da jahrzehntelang jede Nacht neben jemandem
von der dunklen Seite der Macht gelegen hatte. Sie habe erkannt, wie weit sie
sich im Lauf der Zeit von ihren Idealen entfernt habe und sei nun nicht bereit,
das länger hinzunehmen.
Die Frau verlässt ihren Mann wegen einer Wahlentscheidung.
Satire, möchte man meinen.
Ist aber keine.
Das Phänomen ist alt. Selbst Jesus war damit konfrontiert.
Er tat gewaltige Zeichen und Wunder, die wiederum gewaltige Menschenmassen anzogen. Als
er jedoch einmal eine Predigt hielt, die sie nicht verstanden, trennten sich
viele von ihm und gingen nicht mehr mit ihm. „Diese Rede ist hart. Wer kann sie
hören?“ (Johannes 6,60).
Ein andermal bewarfen seine Bewunderer ihn zum Schluss mit
Steinen. (Johannes 8,59).
Ein Prediger revolutioniert das Leben seiner Hörer und sie
erleben Gott in seinem Dienst. Doch in einem Punkt, einem einzigen,
klitzekleinen Punkt, weicht er (scheinbar) von ihrer Meinung ab, und sofort
geben sie die ganze Beziehung, den ganzen Prediger preis, verbrennen seine CDs
und sagen allen, die es hören wollen, er sei ein Irrlehrer, der Lüge predigt.
Vergessen sind die Stunden des Segens, die sie unter ihm erlebt
haben.
In ähnlicher Weise entfremden sich Kinder von Eltern—oder
Eltern von ihren Kindern.
Befremdlich, nicht?
Was können wir tun?
Nicht so pingelig, sondern auch mal tolerant sein.
Toleranz bedeutet nicht, alles, was der andere absondert, zu
bejahen. (Aktivisten hätten das gerne und versuchen, den Begriff in diese Richtung
umzudeuten). Toleranz bedeutet, den andern zu ertragen, sich selbst nicht so
ernst zu nehmen, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, Humor zu haben
und, zu guter letzt, das Kind nicht samt dem Waschwasser wegzuschütten. Paulus ermahnt ja auch,
„Ertragt einander!“
Gott erträgt uns alle. ("O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?" (Matthäus 17, 17)).
Wir müssen jedoch darauf gefasst sein, hin und wieder auf vollkommen lächerliche Intoleranz zu stoßen. Die Zeiten sind so.
Gott erträgt uns alle. ("O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?" (Matthäus 17, 17)).
Wir müssen jedoch darauf gefasst sein, hin und wieder auf vollkommen lächerliche Intoleranz zu stoßen. Die Zeiten sind so.
Hier der ganze Vers:
„Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer
Klage gegen den anderen hat. Wie auch der Herr euch vergeben hat, so auch ihr.“
(Kolosser 3,13).
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