Nathan der Weise? Echt?
„Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Johannes 14,6.
Ob in Paris, Brüssel, Kopenhagen oder sonst wo: In diesen
Tagen geschehen in Europa alle paar Wochen schlimme Taten durch radikalislamische
Zeitgenossen.
Die Medien reagieren dann gern mit Beschwichtigungen ("Die sind nicht alle so") und Hinweisen darauf, dass
die Christen ja auch genug Dreck am Stecken hätten—man denke nur an die
Kreuzzüge, an die Inquisition, die Hexenverfolgungen und ähnliche Verfehlungen—und
rufen zur Toleranz auf.
Und dann erwähnt man lobend Gotthold Ephraim Lessings Drama
„Nathan der Weise“ von 1779, das Jugendliche schon in der Schule kennenlernen.
Meist wird nicht das ganze Stück durchgenommen, sondern nur der Teil, in dem
die sogenannte Ringparabel vorkommt.
Worum geht's?
Ort der Handlung der Geschichte ist das Heilige Land zur
Zeit des Dritten Kreuzzugs. Dort treffen sich Saladin, (der übrigens ein Kurde war),
Nathan der Weise und ein Tempelherr.
Es treffen sich also ein Moslem, ein Jude und ein Christ.
Saladin fragt Nathan, „Hey Nathan, du bist so weise. Was für
ein Glaube, was für ein Gesetz hat dir am meisten eingeleuchtet?“ Doch statt
die Frage eindeutig zu beantworten, erzählt Nathan ihm ein Gleichnis:
Ein Mann besaß demnach einen Ring, der in der Lage war,
seinen Besitzer vor Gott und den Menschen angenehm zu machen. Das Ding war
schon seit Urzeiten im Besitz der Familie. Der Mann hatte ihn von seinem Vater
geerbt und der wiederum von seinem, usw.
Nun begab es sich, dass der Ringbesitzer schließlich drei
Söhne hatte, die er alle gleichermaßen liebte. Allen versprach er zu
verschiedenen Zeiten, dass sie einmal den magischen Ring erben würden.
Doch irgendwann dämmerte ihm, dass zwei seiner Söhne zum
Schluss leer ausgehen würden.
Was tun?
Der Mann beschloss, den magischen Ring von einem Meisterjuwelier
zweimal kopieren zu lassen. Und der lieferte prompt so gute Arbeit, dass die
drei Ringe nicht voneinander zu unterscheiden waren.
Am Sterbebett nun übergab der Mann jedem seiner Söhne einen
Ring.
Nachdem er dann tot war, entdeckten die Söhne, dass jeder von
ihnen einen Ring hatte und war ziemlich sauer. Sie begannen zu streiten: „Man
untersucht, man zankt, man klagt. Umsonst; der rechte Ring ward nicht
erweislich; fast so unerweislich als uns itzt—der rechte Glaube.“
Also begeben sich die Brüder vor einen weisen Richter.
Der jedoch weigert sich, einen Richterspruch zu fällen und
gibt stattdessen den Rat: „Hat von euch jeder seinen Ring von seinem Vater: so
glaube jeder sicher seinen Ring den echten.“
Er sagt also: Jungs, hört auf danach zu fragen, welcher das
magische Original ist. Gebt die Suche nach der Wahrheit auf. Lebt vielmehr ein
Leben der moralischen Tugendhaftigkeit, so ehrt ihr euren Vater und Gott auch.
Lessings Leser waren damals begeistert von diesem Plädoyer
für Tugend und Toleranz, so wie viele moderne Bildungsschaffende auch.
Leute, sagen sie, gebt euren Dogmatismus doch auf. Warum
behauptet ihr die einzig wahre Wahrheit zu haben, wenn andere Wahrheiten doch
genauso gut sind? Judentum, Christentum und Islam sind einander doch so
ähnlich, dass die Unterschiede nur in Nuancen bestehen.
Humanisten denken so.
Lessings Parabel ist jedoch, pardon, Mist.
Der Vater mit dem magischen Ring soll ja wohl Gott
darstellen.
Diese Gottesfigur ist aber von äußerst zweifelhafter
Qualität.
Er verspricht nämlich, was er nicht halten kann: Dass jeder
der Söhne den einen Ring erben wird, obwohl er nur einen hat. Als ihm das klar
wird, lässt er den Ring zweimal fälschen und gibt die Fälschung jeweils als
Original aus.
Er betrügt zwei seiner Söhne!
Statt undogmatisch für Toleranz zu plädieren, führt die
Parabel ein neues Dogma ein: Gott verteilt gefälschte Ringe.
Außerdem wird dem echten Ring nicht besonders viel Kraft
zugemessen. Denn wenn der Träger eines gefälschten Ringes genauso viel Gunst vor
Gott und den Menschen erlangt wie der des echten Ringes, wo ist dann die Kraft
des echten?
Humanisten messen dem Glauben nicht besonders viel Kraft zu.
Wir werden hier also von einer kraftvollen Religion, die
Menschen grundlegend verändert, weggeführt zu einer Pluralität von Religionen,
wobei es keine große Rolle spielt, ob die nun im einzelnen wahr sind oder
nicht. Hauptsache, man „glaubt sicher seinen Ring den echten.“
Halte irgendwie für wahr, was du glaubst, dann wird's schon.
Doch Lüge bleibt Lüge.
Sie wird nicht dadurch wahr, dass man sie für wahr hält. Vielmehr gibt's da irgendwann ein böses Erwachen. Jesus will uns dieses ersparen. Deswegen macht er klare Ansagen: Das Heil gibt's nur in ihm.
Sie wird nicht dadurch wahr, dass man sie für wahr hält. Vielmehr gibt's da irgendwann ein böses Erwachen. Jesus will uns dieses ersparen. Deswegen macht er klare Ansagen: Das Heil gibt's nur in ihm.
Lessings Nathan war insofern weise, als er nicht in Sultan
Saladins Falle getappt ist. Der hatte nämlich Schulden und wollte an Nathans Geld.
(Der Jude ist reich, noch so ein Klischee). Hätte Nathan auf Saladins Frage nach
dem wahren Glauben geantwortet, das Judentum, so hätte er den moslemischen Herrscher
beleidigt. Hätte er gesagt, der Islam, so hätte man ihn gefragt, warum er dann
noch Jude sei. Mit seiner klapprigen Parabel hat Nathan sein Geld vor dem
Gierigen gerettet.
Zum Thema Glauben aber hat er nichts Intelligentes
abgesondert.
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