Leiden und Geduld und Betriebssysteme

"Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben."
Jakobus 5, 10

Ich muß sagen, ich kämpfe seit einigen Tagen mit gewissen Produktivitätsverlusten. Schuld daran sind nicht etwa nachweihnachtliche Erschöpfungszustände, sondern ein neuer Computer.
Mit einem neuen Betriebssystem.
Der neue Computer ist ziemlich groß und ziemlich häßlich. Doch das macht nichts, dafür stimmt das Preis-Leistungsverhältnis. Hoffe ich jedenfalls. Denn allzuweit bin ich mit seiner Erforschung noch nicht gekommen. Denn ich ringe, wie gesagt, mit dem neuen Betriebssystem. Und das, obwohl ich seit rund 25 Jahren mit seinen Vorgängern vertraut bin und schon so manche Überraschung erlebt habe.
Windows 8 verblüfft mich.
Nein, es bestürzt mich.
Wie einst die Rechtschreibreform, dieser Kopfschuß.
Seine Erfinder haben ganz klar festgestellt, daß alle Welt mit diesem neumodischen Gedings, den Wisch- und Glänztablets beschäftigt ist, (ich hab auch eins), und haben sich gedacht, das ist die Zukunft! Sowas machen wir auch. Dabei haben sie jedoch vergessen, daß PC-Benutzer an ihren Monitoren gar nicht herumwischen. Die sitzen da vor Tastaturen und Mäusen und arbeiten und schreiben und rechnen. Aber wischen tun sie nicht.

Es gibt nun keine Programme mehr. Programme heißen jetzt Apps wie bei Apple, (kurz für Applications, zu deutsch Anwendungen). Diese Prog... Apps kann man zwar öffen, aber schließen kann man sie nicht mehr. Und man braucht ein NSA-Konto (oder ist's ein Microsoft-Konto?) für sie, das ich aber nicht erstellen will. Nur wenn man vorher in eine andere Oberfläche wechselt und dann den Mauszeiger in die linke obere Ecke bewegt, erscheint auf einmal ein kleines Rechteck, das so aussieht, wie die App in klein. Dann  kann man mit Rechtsklick auf das zu schließende Rechteck klicken und die App schließen.
Genial.

Rechts erscheint am Bildschirmrand ein Charms-Bar, wenn man rechts die Ecken mit der Maus berührt.
Charms ist englisch. Charms ist der Ausdruck für die kleinen Talismäner, die kleine U.S.-Mädchen am Armband haben, den sogenannten charm bracelets. Wußte bisher gar nicht, daß mein Computer so ein charms bracelet braucht. Vielleicht steigert es die Produktivität ja und ich habe es bisher nur nicht gemerkt.

Der Startknopf (der kurioserweise auch Endknopf war) existiert nicht mehr.

Die guten alten Listenmenüs gibt's im Dateimanager (Windows Explorer, Datei Explorer, mit wechselnden Windows-Ausgaben wechselnde Namen für doch stets das gleiche Programm) auch nicht mehr. Die sind explodiert und verteilen ihre Einzelteile nun in einem Band (Ribbon) über die ganze Bildschirmbreite.
Wer hat sich das nur ausgedacht?
Neuerungen um der Neuerung willen.

Die ranke, schlanke, übersichtliche E-Mailanwendung aus Vista ist nicht mehr da. Dh, sie ist schon noch da. Sie liegt noch im System auf der Platte. Aber man kann sie nicht mehr benutzen! Warum sollte man das auch? Dafür gibt's ja jetzt einen unübersichtlicheren, umständlicheren Ersatz (auch mit explodierten Menüs). Importieren kann man seine Mail-Konten leider auch nicht. Und ich hab zu einem wichtigen Konto das Paßwort vergessen...

Der Bildschirmtext ist nicht mehr mit ein paar Klicks zu vergrößern. Er ist futzelklein. Vergrößert man ihn aber, wachsen die Symbole mit und erlangen Übergröße. Das war schonmal besser gelöst. (Ich hätte nicht gedacht, daß ich Bluescreen-Vista mal vermissen würde).

Im Internet findet man zahlreiche Behelfsprogramme, die die alte Funktionalität einigermaßen wieder herstellen. (Den Startknopf und das Startmenü zB kann man mit "Classic Shell" nachrüsten. Dann findet man seine Programme wieder). Das ist alles ungemein spannend und unterhaltsam.
Doch ich hätte eigentlich auch noch echte Arbeit zu erledigen.
Manches davon muß ich halt nun auf dem alten Compi machen, auch wenn der mittlerweile (nach sieben Jahren) bald eine Viertelstunde zum Hochfahren braucht und der Dateimanager spinnt.


Es ist nicht aller Tage Abend.


Wenn Windows 9 dermaleinst nur einfach wieder so aussieht und funktioniert wie XP, wird es ein Verkaufsschlager.

Das eigentliche Problem ist natürlich der Quasi-Monopolstatus, den Microzopf hat. Es dominiert den Markt für Betriebssysteme. Etwas mehr Wettbewerb täte der Branche gut.

Kapitalismus, wo bist du, wenn man dich mal braucht?

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