Kein Odium

Vor Jahren saß ich mal mit einer Gruppe von Pfarrern zusammen - als einziger ev.-freikirchlicher Pastor. Ich denke, ich bin in dieser Stunde des Zusammenseins mehr beleidigt worden, als in den fünf Jahren zuvor zusammengenommen.

Es gibt sowas wie das Odium Theologicum, den "theologischen Gestank." Damit bezeichnet man den erbitterten Streit von Theologen, oft über Nichtigkeiten. Außenstehende sehen das und sind verständlicherweise abgestoßen.

Paulus sagt deshalb, "Die törichten und ungereimten Streitfragen weise ab, da du weißt, daß sie Streitigkeiten erzeugen." 2 Timotheus 2, 23.

In Apostelgeschichte 15 kann man studieren, wie sich Paulus und Barnabas in einer solchen Situation verhalten haben.
Die Apostel waren gerade von ihrer ersten Missionsreise zurückgekehrt. Sie lebten und arbeiteten damals in der großen Gemeinde in Antiochia. Da kamen Prediger aus Judäa und lehrten, man müsse beschnitten werden nach der Weise Moses, sonst sei man nicht errettet.
Die Apostel wußten, daß das nicht stimmt. Sie hatten Massen von Heiden erlebt, die alle ohne Beschneidung gerettet wurden. Entsprechend hielten sie dagegen, als die gesetzlichen Lehrer ihre Botschaften hielten.

"Als nun ein Zwiespalt und ein nicht geringer Wortwechsel zwischen ihnen und Paulus und Barnabas entstand, befahlen sie, daß Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen sollten wegen dieser Streitfrage." Apostelgeschichte 15, 2.

Die Apostel und Verteter der gesetzlichen Lehrer machten sich also auf den Weg. Man möchte nun doch meinen, daß die Beschneidung das Hauptgesprächsthema auf ihrer Wanderung war. Man denkt, sie hätten endlos über ihr Problem diskutiert.

Haben sie aber nicht!

Statt sich gedanklich bis zum Erbrechen um die Krise zu drehen, taten die Apostel etwas völlig anderes: In welche Gemeinde sie auf dem Weg auch kamen: Überall sprachen sie von den großartigen Erlebnissen, die sie auf ihrer Missionsreise hatten. "Und sie machten allen Brüdern große Freude."
Kein Odium Theologicum, sondern ein Wohlgeruch.

Selbst auf der Konferenz in Jerusalem sprachen sie über die großen Taten Gottes, ohne die Beschneidung auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Dies fiel bekehrten Vertretern der Pharisäer zu, die irgendwann aufstanden und das Wort ergriffen. (Apg 15, 5).

Die Gemeinde sprach sich nach viel Wortwechsel für die Sichtweise von Paulus und Barnabas aus.

Die Wahrheit siegte.

Paulus und Barnabas können uns als Vorbilder dienen: Statt ständig über Krisen und Pseudokrisen nachzudenken und zu reden, denken wir an Gutes und erzählen von den guten Dingen, die Gott für uns getan hat.
Fällt dir da was ein?

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