Herz der Vergebung, 1

"Pastor, Als wir noch am Flughafen etwas getrunken haben, hast du kurz über das Thema Vergebung gesprochen. Du hast ein paar interessante Aspekte über Vergebung erwähnt (Gefühle, etc.) Kannst du mir deine Worte nochmals kurz aufrollen?"

Gern.
In der Christenheit liegt eine Verwechslung vor. Viele Christen denken bei Vergebung automatisch an verletzte Gefühle, die sie nicht haben dürfen, wenn sie vergeben haben: Jemand ohrfeigt mich und ich muß ihm stehenden Fußes vergeben, denn Jesus sagte ja, "Haltet die andere Backe hin." Unsere Gefühle rebellieren naturgemäß dagegen.

Nun, Jesus hat das mit der Backe nicht wörtlich gemeint.
Er wollte uns nicht zu Masochisten erziehen, die geschlagen werden, lächeln und um mehr bitten. Er rief vielmehr zur Friedfertigkeit auf.

Und Vergebung ist nicht dasselbe wie Gefühlsbewältigung.
Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Das eine ist ein Rechtsakt, das andere ein therapeutischer Akt.

Heute soll's erstmal nur um den Rechtsakt gehen.

Zunächst hat Jesus selber, als er vor dem Hohepriester geschlagen wurde, nicht die andere Wange dargereicht, sondern gesagt, "Wenn ich schlecht geredet habe, so gib Zeugnis von dem Schlechten! Wenn aber recht, was schlägst du mich?" (Johannes 18, 23).

Paulus wurde auch vor dem Hohepriester geschlagen. Er entgegnete gar, "Gott wird dich schlagen, du getünchte Wand!" (Apostelgeschichte 23, 3). Auch hier kein Hinhalten der anderen Backe.

Wir sollten aber ein Herz der Vergebung haben, definitiv. Das hatten Jesus wie Paulus.
Wenn jemand gegen uns sündigt, dies aufrichtig bereut und Vergebung sucht, dem sollten wir ohne weiteres vergeben. Jesus sagt in Lukas 17, 3-4, "Habt acht auf euch selbst: Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht, und WENN ER ES BEREUT, so vergib ihm! Und wenn er siebenmal am Tag an dir sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es, so sollst du ihm vergeben."

Reue empfängt Vergebung.

Wie reagieren wir jedoch richtig, wenn der Übeltäter nicht bereut, seinen Fehler nicht einsieht, keine Vergebung will und sich vielleicht gar als Opfer geriert?

Es ist nicht immer weise, einem Übeltäter zu vergeben. Der zieht aus meiner Friedfertigkeit den Schluß, daß böse Taten keine Konsequenzen haben und macht immer weiter. Der Dreijährige, der die Mama eine Sau nennt, sie schlägt und anspuckt, braucht kein säuselndes Mitgefühl, sondern eine hinten drauf.

Entsprechend war auch Jesus nicht zimperlich. Er sagt (unmittelbar vor der Vergebungsstelle) in Lukas 17, 1-2, "Es ist unmöglich, daß nicht Ärgernisse kommen. Wehe aber dem, durch den sie kommen! Es wäre ihm nützlicher, wenn ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde..."

Er sagt nicht, "Ärgernis, wir therapieren dich."
Er sagt, "Ärgernis, wehe dir."

Sünde zieht Gericht nach sich.
Es gibt auch nirgendwo ein Recht auf Vergebung.
Vergebung ist eine unverdiente Gnade. Man muß Gott seine Sünden bekennen und um Vergebung bitten, bevor man Vergebung bekommt.

Vergebung einfach so?
Naja...
(Ich rede nicht der Bitterkeit das Wort. Darüber sage ich morgen noch was).

Paulus sagt der bedrängten Gemeinde in Thessalonich, "...so gewiß es bei Gott gerecht ist, denen, die euch bedrängen, mit Bedrängnis zu vergelten." (2 Thessalonicher 1, 6). Er war nicht bereit, böse Taten einfach so auf sich beruhen zu lassen.

Der Gemeinde in Korinth sagt er, sie sollten ein Gemeindemitglied, das seinem Vater die Frau ausgespannt hatte, dem Satan übergeben: "Ich, zwar dem Leibe nach abwesend, aber im Geiste anwesend, habe schon als anwesend das Urteil gefällt über den, der dieses so verübt hat, - wenn ihr und mein Geist mit der Kraft unseres Herrn Jesus versammelt seid - einen solchen im Namen unseres Herrn Jesus dem Satan zu überliefern zum Verderben des Fleisches, damit der Geist errettet werde am Tage des Herrn." (2 Korinther 5, 3-5).

Paulus fällt Urteile und vollstreckt sie mit übernatürlichen Mitteln!

Selbiges tat der Apostel mit problematischen Predigern namens "Hymenäus und Alexander, die ich dem Satan übergeben habe, damit sie zurechtgewiesen werden, nicht zu lästern." (1 Timotheus 1, 20).

Statt zu vergeben übergibt Paulus die Übeltäter dem Teufel...
...mit dem Hintergedanken der Errettung für die Bösewichte!
Er ist nicht an ihrer Verdammnis interessiert.
Vielmehr weiß er: gewohnheitsmäßige Dauersünder befinden sich im Abfall von Gott. Sie sind dabei, Schiffbruch im Glauben zu erleiden. Verharren sie lange genug in ihrem Tun, verleugnen sie zum Schluß ihren Erlöser und sind auf ewig verloren. Paulus sagt, es ist besser, die Knilche leiden ein wenig und tun Buße--oder sterben, während noch ein Rest an Jesusglauben in ihnen ist und leben dann wenigstens in Ewigkeit. Besser, als daß sie als Abgefallene sterben.

Jedenfalls verlangt er, daß solche Leute aus der Gemeinde geschafft werden: "Was habe ich zu richten, die draußen sind? Richtet ihr nicht, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott. Tut den Bösen von euch selbst hinaus." (1 Korinther 5, 12-13). Manchmal ist richten angesagt, nicht blind vergeben.

Solch harte Bandagen wie eine Übergabe von Sündern an den Teufel sind natürlich heikel. Ich kann mich nicht erinnern, je sowas gemacht zu haben.
Vor allem würde ich nie jemandem "dem Teufel übergeben", der gegen MICH gesündigt hat. Da würde ich meinen Motiven nicht trauen.
Paulus war ein emotional unbeteiligter Apostel mit klinischer Betrachtungsweise, der hier mit übernatürlichen Mitteln Kirchendisziplin übte.
Er war nicht bitter.
Ihm ging's nicht um persönliche Rache, sondern um die Gesundheit, die Stabilität und den Segen der Gemeinde Gottes in Korinth. (Der Stiefmutterbeglücker ist übrigens umgekehrt. Nun rät Paulus der Gemeinde, ihn wieder aufzunehmen. 2 Korinther 2, 5-11).

Über das Thema "Widerstreitende Emotionen und Vergebung" sag ich morgen was.
(Hammerwichtig, hilfreich und interessant!)

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