Kaiser Konstantin: Gut oder böse?

"Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es ist hart für dich, gegen den Stachel auszuschlagen."
Apostelgeschichte 26, 14.

Der römische Kaiser Konstantin ist für viele Christen eine ambivalente Figur. Er war es, der im Februar 313 AD in Mailand endgültig die Verfolgung des christlichen Glaubens untersagte: „In gesunder und richtiger Erwägung haben wir den Beschluss gefasst, dass keinem Menschen versagt werden soll, nach freier Wahl sein Herz jener Religion zuzuwenden, die er selber für die richtige hält…“ In dem gleichen Edikt befahl er weiter, alles Eigentum und alle Stätten, die Rom den Christen im ganzen Reich weggenommen hatte, ohne weiteres zurückzuerstatten.
Unter ihm gedieh die Gemeinde und das Christentum wurde nach und nach zur Staatsreligion—was natürlich dazu führte, dass die Kirche sich nun mit völlig anderen Problemen konfrontiert sah den ersten drei Jahrhunderten ihrer Existenz. Hatte sie früher mit Armut und Verfolgung zu kämpfen, so sah sie sich nun mit Reichtum, Macht, Prestige und Verweltlichung konfrontiert. Es kam zu Massentaufen. Ganze Landstriche bekehrten sich zum Christengott. Menschen bekehrten sich aus Überzeugung und aus Kalkül.
War Konstantin nun gut oder schlecht für das Christentum?
Was für eine Frage.
Ich halte das Wirken Konstantins insgesamt für segensreich.
Ein Blick in die näheren Umstände seiner Bekehrung ist ganz aufschlussreich.

Damals wurde das römische Weltreich von vier Herrschern gemeinsam regiert, zwei Augustussen und zwei nominell untergeordneten Cäsaren. Konstantin war der jugendliche Cäsar des Westreichs Gallien in Trier. Die anderen drei Herrscher und auch der abgedankte Imperator Diokletian waren üble Christenverfolger (gewesen). Konstantin und sein Vater Konstantius bildeten da eine löbliche Ausnahme.
Konstantin gab zu denken, dass alle hochoffiziellen Christenverfolger ihrerseits vom Unglück verfolgt wurden, nachdem sie mit der Verfolgung Christi begonnen hatten.
Kaum hatte beispielsweise Diokletian sein Verfolgungsedikt unterschrieben, wurde er von einer schweren Krankheit befallen, die den Rest seines Lebens ruinierte und ihm alle Freude raubte.
Augustus Maximian erhängte sich in Messalia (Marseille).
Den orientalischen Augustus Galerius, den grausamsten Christenschlächter, zerfrisst der Magenkrebs. Da ihm weder Ägyptens Priester, noch Babylons Magier, noch Griechenlands Ärzte helfen können, erlässt Galerius ein Toleranzedikt, das den Christen in seinem Reichsteil ihre Religionsausübung gestattet. Doch zu spät. Er stirbt dennoch eines unschönen Todes.
Das prompte Gericht über die Verfolger macht Konstantin nachdenklich.

Als er mit 25.000 Soldaten den 100.000 Truppen des Tyrannen Maxentius gegenübersteht, der sich noch dazu im befestigten Rom verschanzt hat, befragt Konstantin nach alter Väter Sitte die Eingeweide geopferter Schafe durch Orakelpriester. Die Zeichen stünden ungünstig, sagte man ihm.
Konstantin ist nicht überzeugt.
In dieser kniffligen Situation ruft der Cäsar die christlichen Bischöfe zu sich. Die kommen ins Heerlager und legen ihm die Grundzüge des christlichen Glaubens dar. Sie sprechen über die bergeversetzende Kraft des Glaubens, über Gottes Liebe, über das Opfer seines Sohnes. Sie bieten an, mit ihren Gemeinden für ihn zu beten. Doch sie orakeln ihm nichts. Sie prophezeien nicht.
In der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober 312 AD träumt Maxentius, Konstantins Gegner. Ein Götterbote tritt zu ihm und warnt ihn, noch länger am Ort seiner Freuden und Ehrungen, (Rom), zu verweilen. Tief verunsichert bringt er daraufhin seine Familie in Sicherheit.
In der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober träumt wiederum Konstantin. Christus erscheint ihm und deutet auf ein strahlendes Kreuz am Himmel. „In diesem Zeichen wirst du siegen!“ Die Stimme Christi sei über die Länder und Meere gegangen.
Die Offiziere staunen, die gläubigen Legionäre jubeln, als Konstantin ihnen aufträgt, auf allen Feldzeichen, Schildern, Helmen, Panzern und Standarten umgehend das Christusmonogramm anzubringen.

Seine germanischen Truppen sind diszipliniert, sie plündern und schänden nicht, so dass die Orte auf dem Weg ihnen freiwillig die Tore öffnen und sie als Befreier feiern.

Es kommt zur Schlacht und das Unmögliche geschieht: Konstantin besiegt mit seinen 25.000 die 100.000 Soldaten des Maxentius. Der Thronräuber hat leichtsinniger Weise die mächtigen aurelischen Mauern Roms verlassen und steht jetzt eingekeilt zwischen den Tiberbrücken und den Felsen von Saxa Rubra.
Der eigentliche Kampf dauert nur eine halbe Stunde, dann bricht das Chaos aus. Die Flut der Fliehenden wälzt sich zum Fluss zurück, versinkt und scheitert auf ganzer Linie. Auch der Christenfeind Maxentius findet dort den Tod.
Noch am gleichen Tag befahl Konstantin, sein Standbild auf dem Kapitol zu errichten. In der Hand sollte die Statue eine lange Lanze in Kreuzesform halten. Die Inschrift: „Durch dieses Zeichen, das heilbringende Zeichen der Tapferkeit, habe ich die Stadt Rom vom Joch der Tyrannei errettet und ihr die Freiheit wieder gebracht.“

Was waren die unmittelbaren Auswirkungen der Bekehrung Konstantins?
Er machte den ersten Tag der Woche, den christlichen Sonntag, zum Feiertag. Denn an diesem, dem Auferstehungstag, hielt schon Paulus seine Gottesdienste ab. (Apostelgeschichte 20, 7). (Samstags, also am Sabbat, war Paulus ja nicht selten in der Synagoge unterwegs).
Die Todesstrafe durch Kreuzigung wurde abgeschafft.
Gesetze zum Schutz der Ehe wurden erlassen.
Der Kindermord wurde verboten.
Sklaven durften nicht mehr willkürlich behandelt werden.
Und das war erst der Anfang.

"Wer nicht gegen uns ist, ist für uns." (Markus 9, 40).

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