Menschensohn? Gottessohn?

"Jesus hörte, daß sie ihn hinausgeworfen hatten. Und als er ihn fand, sprach er: Glaubst du an den Sohn des Menschen?"
Johannes 9, 35.

Jesus hatte in Jerusalem einen blindgeborenen Bettler geheilt. Den brachte man zu den Pharisäern, die wollten, dass er Jesus als Sünder bezeichnet, denn Jesus hatte ihn am Sabbat geheilt. Das tat der Mann natürlich nicht. Da warfen die Pharisäer den ersten so Geheilten, von dem man je gehört hat, in hohem Bogen auf die Straße.
Jesus fand ihn und stellte ihm die oben zitierte Frage—
—die bei manchen zu einer weiteren Frage führt:

„Pastor, warum nennt sich Jesus in den Evangelien so oft Menschensohn. Hätte er sich nicht vielmehr Gottes Sohn nennen müssen?“

Er hat sich auch Gottes Sohn genannt, etwa in Johannes 10, 36 und an vielen anderen Stellen.
Aber er nannte sich auch Menschensohn.
Warum?
Das hat mit der Weissagung in Daniel 7, 13-14, zu tun, wo der Prophet sagt:

„Ich schaute in Gesichten der Nacht: Und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie der Sohn eines Menschen. Und er kam zu dem Alten an Tagen, und man brachte ihn vor ihn. Und ihm wurde Herrschaft und Ehre und Königtum gegeben, und alle Völker, Nationen und Sprachen dienten ihm. Seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergeht, und sein Königtum so, daß es nicht zerstört wird.“

Der „Sohn eines Menschen“ in diesem Text ist der Messias. Die Juden kannten diese Schriftstellen in und auswendig, denn sie sehnten den Messias seit Jahrhunderten dabei. Jesus, der sich „Sohn des Menschen“ nennt, bezieht sich auf Daniel und bekennt damit, dass er der Christus ist, der „Sohn des Hochgelobten.“ (Markus 14, 61).
Jesus ging nicht umher und nannte sich ständig in höchsten Tönen Gottes Sohn. Das wäre seltsam rübergekommen. Stattdessen nannte er sich Menschensohn und diejenigen, die das Wort Gottes kannten und Ohren hatten zu hören, verstanden ihn ganz genau.
Denn jedes Mal, wenn Jesus sich den biblisch weniger Beschlagenen öffnete und sich Gottes Sohn nannte, flogen hinterher die Steine. („Gotteslästerung!“)
Als er zu vielen geistlich gar nicht mehr durchdrang, verlegte er sich aufs Predigen von Gleichnissen. Wer die verstehen wollte, musste nachhaken. Wer das nicht tat, blieb unwissend.
Fragenstellen und Nachhaken ist gut.
Frag ruhig weiter.

"Und als er allein war, fragten ihn die, die um ihn waren, samt den Zwölfen nach den Gleichnissen. Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben, jenen aber, die draußen sind, wird alles in Gleichnissen zuteil." (Markus 4, 10-11).

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