Linke Backe/rechte Backe

„Und nicht ein Haar von eurem Haupt wird verloren gehen.“
Lukas 21, 18.

„Pastor, Jesus ist ja ganz nett, aber dass man die andere Backe hinhalten soll, wenn man eine geschallert bekommt, ist Mist. Wenn mir einer blöd kommt, dann kriegt er eine—“

Sich nicht zu wehren schafft man nur, wenn man glaubt, dass Gott für einen kämpft.
Wer nicht glaubt, dass Gott für ihn kämpft, muss selber kämpfen.
Manchmal ist das durchaus angebracht, es kommt aber auf die Situation an. (Jesus selbst sprach vom Hausherrn, der gewacht hätte, wenn er gewusst hätte, wann der Dieb kommt, um nicht zu erlauben, dass sein Haus durchgraben würde. (Lukas 12, 39). Sich zu verteidigen ist legitim).

Jesus selbst hat vor dem Sanhedrin nicht die andere Wange hingehalten, als er geschlagen wurde. Er hat vielmehr protestiert. (Johannes 18, 23).
Allerdings hat er erlaubt, erst von der Tempelpolizei, dann von Herodes und anschließend von den römischen Soldaten beleidigt, bespuckt, geschlagen, verspottet, gegeißelt, beraubt und entkleidet zu werden.
Da hat er sich nicht gewehrt.
Vielmehr wusste er, dass in dieser Situation leiden angesagt war. Denn er wurde von seinen jüdischen Überlieferern um seines Glaubens willen verfolgt, (weil er sich selbst Sohn Gottes genannt hatte). Die Römer machten nur die Drecksarbeit.
Jesus wusste, dass der Vater ihn nicht im Stich lassen würde.
Er wusste auch, dass dieses sein Leiden einem höheren Zweck diente.
Er wusste und wir wissen heute: Das Kreuz war ein Altar und Jesus war das Sühneopfer für die Sünden der Menschheit.
Freiwillig.
Als das erledigt war, stand er von den Toten auf. Und nicht ein Haar von seinem Haupt war verloren gegangen.

Sein Leiden führte des weiteren zu einem akuten inneren Leiden des Mobs, der vor Pilatus geschrien hatte, „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“, als der ihn losgeben wollte. 40 Tage lang schlichen die Menschen von Jerusalem mit einem furchtbar schlechten Gewissen durch ihr Leben. Sie hatten einen guten Mann ermorden lassen, den besten den es gab. Nun, nachdem der Hass und der Wahn verflogen waren, erinnerten sie sich daran, dass er ihre kranken Verwandten geheilt hatte, dass er Mutlosen mutgemacht hatte, dass man um ihn herum den Himmel auf Erden erleben konnte.
Und nun war er tot.
Und sie waren schuld.
Dann predigte Petrus am Pfingsttag die Auferstehung Jesu und packte sie bei ihrem schlechten Gewissen: „Gott hat ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt!“
„Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Brüder.“ (Apostelgeschichte 2, 36-37).
„Tut Buße!“ rief Petrus, „und lasst euch taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden.“
Und die Urgemeinde war geboren. Sie bestand aus Menschen, die Jesus noch vor kurzem lautstark den Tod gewünscht hatten.
Sich im richtigen Moment nicht zu wehren, sondern Schläge würdevoll einzustecken, setzt geheimnisvolle Kräfte frei.

„Ich denke, daß die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.“ (Römer 8, 18).

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