Wie tolerant bist du?



„Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme. Pilatus spricht zu ihm: Was ist Wahrheit?“
Johannes 18,37-38.

Heute war im Autoradio zu hören, dass in Nürnberg eine Demonstration „für Toleranz“ stattfindet.
Ich lach mich scheps.
Handelt es sich doch weniger um eine Demonstration FÜR Toleranz als vielmehr eine GEGEN Pegida.
Die neue Toleranz toleriert die Meinung der Pegida-Anhänger nämlich nicht. Im Gegenteil. Sie wird ordentlich verteufelt. (Das darf man ruhig, wenn man sich danach besser fühlt. Aber mit vernünftigen Argumenten! Doch wenn man intellektuell einigermaßen redlich ist, dann tut man dies nicht im Namen der Toleranz, bitteschön).
Ich habe mich also gefragt: Warum bemühen die Demonstranten den Begriff Toleranz für ihr intolerantes Handeln?
Da traf es sich, dass mir meine Frau heute das neue Buch eines Professors von der theologischen Fakultät in Deerfield, Illinois, hingelegt hat. Der Titel? „Die intolerante Toleranz.“
Was ich las, war sehr interessant.
Professor Carson hat festgestellt, dass die Bedeutung des Begriffs Toleranz sich in unserer Zeit fundamental gewandelt hat, ohne dass darüber ein Konsens bestanden hätte. Dem Wort wurde einfach eine neue Bedeutung untergejubelt.
Toleranz bedeutet eigentlich, die Existenz verschiedener Ansichten zu akzeptieren.
Die neue Toleranz fordert, verschiedene Ansichten als gleichwertig zu akzeptieren.
Da ist ein Unterschied.
(Bitte dabeibleiben, ich betreibe hier keine Haarspalterei).

Die alte, wohlwollende Toleranz sagt:
Es gibt eine objektive, wirklich wahre Wahrheit und es ist unsere Aufgabe, sie herauszufinden.
Jede Partei glaubt naturgemäß, sie sei im Besitz dieser objektiven Wahrheit und die anderen liegen falsch.
Jede Partei bringt nun ihre Sichtweise so vernünftig wie möglich vor, (wobei Opponenten nicht zum Schweigen gebracht werden dürfen!)
Durch ungehindertes Nachdenken und Nachforschen werden schließlich die meisten Menschen von der tatsächlichen Wahrheit überzeugt, (hoffentlich).

Angenommen, jemand kommt Jahrhunderte später und behauptet, Jesus wäre gar nicht am Kreuz gestorben. Vielmehr hätte Judas dort gehangen, während Jesus woanders war.
Gegen diese Sichtweise kann man einwenden, dass die Richter und Henker Jesu sehr wohl wussten, wen sie da ans Kreuz nagelten. Außerdem waren seine eigene Mutter, seine Tante Salome, die Schar seiner Jünger, sowie halb Jerusalem gegenwärtig, die allesamt sein Gesicht kannten. Denen wäre aufgefallen, wenn Judas statt seiner dort gehangen hätte.
Jesus selbst hat zwölf Apostel bestellt, die von seinem Tod und seiner Auferstehung Zeugnis ablegen sollten.
Es steht also das Zeugnis von zwölf Männern, die dabei waren, gegen das Zeugnis eines einzigen Mannes, der nicht dabei war und der Jesus nie begegnet war, schon weil er Jahrhunderte später lebte.
Keine Zeitgenossen Jesu haben je bezweifelt, dass er tatsächlich am Kreuz starb. Zumindest sind keine überliefert. Selbst der römische Centurio, der seine Hinrichtung beaufsichtigte—ein Heide!—sagte zum Schluss, „Wahrlich, dieser war Gottes Sohn.“ (Matthäus 27,54).
Außerdem sah Johannes, wie ein römischer Soldat dem toten Jesus die Lanze ins Herz stieß und Blut und Serum (91 % Wasser) aus der Wunde strömten.
Durch ungehindertes Nachdenken kommt eine unvoreingenommene Person für gewöhnlich zu dem Schluss, dass die erste Partei falsch liegt und zweite mit ihren Argumenten recht hat.
Besteht nun jemand darauf, der erste Standpunkt sei wahr und Jesus hätte nie gelitten, dann wundern wir uns und tolerieren diese Haltung. Wir ertragen sie. Wir sind jedoch zu einem anderen Schluss gekommen.

Die neue Toleranz ist da ganz anders. Sie sagt:
Es gibt keine exklusive Wahrheit. Alles ist relativ.
Niemand hat recht, bzw. alle haben auf ihre Weise irgendwie recht.
Alle Lebensentwürfe, alle Kulturen sind gleich viel wert. Keine ist besser als eine andere.
Starke Überzeugungen sind nichts weiter als starke Vorlieben, ja Vorurteile.
Wenn man diese neue Toleranz zur Königin der Tugenden macht, dann ist ihr Gegenteil, die Intoleranz, die böseste Sünde. Denn die Intoleranz widerspricht der Sicht, dass alle Weltanschauungen oder Kulturen oder was auch immer gleichermaßen gültig sind und erhebt eine über alle anderen.
Stellt also jemand die neue Toleranz infrage, dann hat er die eine, nicht zu vergebende Sünde unseres Zeitalters begangen und muss bekriegt werden—mit Toleranzdemos, wie Pegida heute in Nürnberg.
Ein Witz.
Deswegen hat die heutige politische Korrektheit zwar die größten Schwierigkeiten, zu artikulieren was richtig und falsch, gut und böse, normal und pervers ist. Sie hat aber nicht die geringsten Schwierigkeiten mit ihrem Beißreflex der „Intoleranz“ gegenüber. Sie merkt nicht, dass sie das Gegenteil dessen ist, was sie vorgibt zu propagieren: Sie ist selber in einem bedrohlichen Maß intolerant.

Jesus war übrigens kein toleranter Wohlfühlfuzzi. Ihm wäre nie eingefallen zu sagen, „Alle Wege führen nach Rom.“ Das tun sie nämlich nicht.
Und in den Himmel gibt's auch nur einen.

„Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Johannes 14, 6.

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