Noch ein Saul

Habe dieser Tage das Buch "Rules for Radicals" (Regeln für Radikale) von Saul Alinsky gelesen.
Sehr interessant.
Saul Alinsky war Soziologe und Kriminologe. Er wurde 1909 im jüdischen Ghetto von Chicago geboren und wurde im Lauf der Zeit einer der einflußreichsten und effektivsten Radikalen Amerikas. Er starb 1972.

So wichtig wie für uns Christen der Apostel Paulus ist, so wichtig ist dieser Soziologe Saulus für bestimmte Politiker.
Alinsky war ein "Community Organizer." Barack Obama ist genauso sein Jünger wie Hillary Clinton, die einst ihre (nicht länger öffentlich einsehbare) Universitätsabschlußarbeit über Alinsky schrieb. Beide sind in Chicago daheim, wie er es war.

Alinsky hat den 68ern das Handbuch geschrieben, wenn man so will. Er postuliert, wie man durch Agitation und Propaganda die Massen mobilisiert, um eine Agenda durchzusetzen. Man suche sich ein Ziel und überlege, wie man es durchsetzt, wobei man nicht zimperlich sein braucht. Der Zweck heiligt die Mittel.

Angenommen man möchte die Atomkraft abschaffen, aus welchem Grund auch immer. Dann kann man den Leuten nicht sagen, "Leute, unsere Reaktoren sind die sichersten der Welt. Das statistische Risiko eines GAUs liegt bei eins zu hundert Millionen. Wenn wir die Meiler abschalten, dann geht der Strompreis durch die Decke, denn billiger und CO2-freier als mit Uran kann man Strom nicht produzieren. Wenn unsere sicheren Reaktoren stillgelegt sind, dann müssen wir Strom von weniger sicheren Atomanlagen aus den Ländern der Umgebung zu deren Bedingungen zukaufen," und so weiter. Solche Argumente helfen einem Atomkraftabschaffer keinen Deut weiter. Sie müssen unterdrückt oder als irrelevant hingestellt werden.

Wie könnte man das machen?

Um die zu ihrer Abschaffung nötige Verteufelung der Atomkraft zu erreichen, würde Alinsky raten, zunächst einen für alle akzeptablen gemeinsamen Nenner zu finden, etwa den Umweltschutz.
Es ist leicht, für eine saubere Umwelt zu sein. Wer für die Umwelt ist, gehört zu den "Guten." Da verbrauchte Brennelemente ein Umweltrisiko darstellen, sind sie böse. Entsprechend gehören die Kraftwerksbetreiber zu den "Bösen."

Neben dieser rigorosen Einteilung in Gute und Böse braucht man leicht eingängige Schlagworte und Logos, um sich bei den Leuten im Gedächtnis zu erhalten.
Die "Bösen" darf man nun angreifen, lächerlich machen, beleidigen, unfair kritisieren, verteufeln, verleumden, bekämpfen... Denn sie sind ja die Bösen. Gäbe es sie nicht, gäbe es nur noch die Guten.

Sicher könnte man verbrauchte Brennstäbe irgendwo tief in der Erde vergraben. Doch dann verlöre man das größte Argument gegen die Atomkraft. Eine Lösung hier muß demnach unter allen Umständen mit allen Mitteln verhindert werden.

Atomare Krisen anderswo, auch wenn man sie mit der eigenen Situation nicht vergleichen kann, sind für den Abschaffer natürlich gefundene Fressen. Sie lassen seine Argumente strahlen. Krisen darf man nicht ungenutzt lassen. Da die meisten Menschen Aussagen, die vordergründig plausibel sind, einfach übernehmen, muß er keine Angst haben, daß jemand merkt, wie er Äpfel mit Birnen vergleicht.

Gibt das Establishment die Atomkraft endlich auf, hat der Radikale gewonnen. Dann sucht er sich eine neue gesellschaftliche Institution, die er schöpferisch umgestaltet. Die Familie etwa. Gegen sie hatten Radikale schon immer was, ist sie doch die Keimzelle menschlicher Ordnung. Die Ordnung ist der natürliche Feind aller Revolutionen. Denn nur aus dem Chaos kann man eine neue Welt mit neuen Regeln schaffen.

Alinsky war ein Genie auf seinem Gebiet.
Er hat sein einflußreiches Buch, das voller Anspielungen auf die Bibel und das Evangelium ist, "dem allerersten den Menschen bekannten Radikalen" gewidmet, "der gegen das Establishment rebellierte und dies so effektiv tat, daß er zumindest sein eigenes Reich gewann: Luzifer."

"Fürchte den HERRN, mein Sohn, und den König! Mit Aufrührern laß dich nicht ein. Denn plötzlich erhebt sich ihr Verderben und ihrer beider Untergang unvermutet."
Sprüche 24, 21-22

Alinsky starb 1972, im Alter von 63 Jahren, an einem Herzinfarkt.

Kommentare

  1. Wow. Gewagte Thesen.
    Doch ich halte mit folgenden Argumenten dagegen:
    1) Strompreis: Der geht bereits jetzt durch die Decke, wenn man ALLE Kosten der Kernkraft auf den Strom umlenken würde. Man könnte eben NICHT einfach so alles irgendwie vergraben, denn die Brennstäbe strahlen weiter und könnten so noch weiterhin miteinander reagieren (siehe Ablingbecken in Fukushima).
    2) Viele _unabhängige_ Institute sagen klar, daß wir wie Kernkraft garnicht bräuchten, da Deutschland Überkapazitäten hat. Und sie sagen auch, daß die Laufzeitverlängerung die Einführung erneuerbarer Engerien (zB Windkraft) bremst.
    3) Mir geht es nicht um ein rigeroses Einteilen nach "gut" und "böse" in der Sache, aber ich frage mich folgendes: 1986 wurde gelogen. Auch von der damaligen Bundesregierung. Der damalige Bundesinnenminister, Friedrich Zimmermann (der ürbigens vorher wegen Meineids verurteilt wurde und sich in der Berufung auf fragwürdige Weise herausredete), gab damals an den Deutschen Wetterdienst die Anweisung, keine Strahlungswerte an die Bevölkerung herauszugeben. In Japan wurde auch gelogen. Bei aktuellen Störfällen in Deutschland wurde auch gelogen und vertuscht. Meine logische Frage: Wieso sollte ich der Atomlobby (und einer dazugehörigen Regierung) in der Sache noch irgendetwas glauben?
    Ich bin davon überzeugt, daß, wenn man wirklich mal ALLE Fakten zur Kernkraft auf einen Tisch legen würde, die Atomkraft keine Chance hätte - auch wirtschaftlich nicht. Das ist offenbar nicht gewollt.
    Radikal sind in meinen Augen nicht die Menschen, die gegen Atomkraft sind, sondern die, die sie durchboxen wollen. Es geht um Geld, viel Geld für die Aktionäre und auch hier gilt folgendes: Gewinne (Aktien/Dividenden) privatisieren, Risiken (etwaiger GAU) und Kosten (Entsorgung) verstaatlichen. Man müßte jeden, der eine Aktie eines Energieversorgers hält, dazu verpflichten, auch die Kosten für einen etwaigen GAU und die Entsorgung zu tragen. Was wäre nur gerecht und würde einen ehrlichen Atomstrompreis erzeugen, was (denke ich) zur logischen Folge hätte, daß man die AKWs abschaltet.

    AntwortenLöschen
  2. Beim Gedenken an Nuklear-Katastrophen kommt mir Folgendes in den Sinn:

    Wenn es ein elftes Gebot für den modernen Bürger geben würde, müßte es folgendermaßen lauten:

    Du sollst nicht pokern – die Einsätze sind zu hoch, zu viele Menschen sind betroffen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heiligenfiguren

Betrunken im Heiligen Geist

Bauerngebet zu Neujahr am 7.1.2024