Zumutbare Härten



„Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr."
Römer 12,19.

Wir Christen sind ein gewaltloses Volk.
Doch was tun, wenn die Nachbarin vergewaltigt wird und wir quasi daneben stehen?
In diesem Fall an unserer Gewaltlosigkeit festzuhalten ist wohlfeil, denn sie kostet uns nichts. Leiden tut jemand anders.
Und damit, dem Gewalttäter zuzurufen, „Halt ein!“ ist es auch nicht getan. Denn das bewegt den ja nicht, mit seiner grausamen Tat aufzuhören. Ein solcher Moment wäre geeignet, unseren pazifistischen Standpunkt mal zu hinterfragen.

Denn es ist nicht verboten, einer gemarterten Person zu helfen.
Es besteht sogar die moralische Verpflichtung dazu.
Wir könnten natürlich argumentieren: Wenn wir der armen Frau jetzt helfen, dann wird sich die Aggression ihres Angreifers als nächstes auf uns richten.
Die Antwort ist, wenn wir ihr nicht helfen, wird er ganz sicher darüber nachdenken, ob er uns nicht auch mal ein wenig piesackt. Er wird sich von unserem Händeringen und unseren großen, ängstlichen Augen ermutigt fühlen. Denn Aggressoren lieben schwache Opfer, die lieber passiv dulden als sich aktiv zu wehren.

Wir halten uns gern für friedfertig.
Doch Feigheit ist nicht dasselbe wie Friedfertigkeit.

Als der Flüchtling Mose in Midian ankam, setzte er sich an einen Brunnen. Die Töchter des örtlichen Priesters kamen und tränkten ihre Herde. „Aber die Hirten kamen und trieben sie weg. Da stand Mose auf, half ihnen und tränkte ihre Herde." (2. Mose 3,17).
Die Mädchen gingen heim und berichteten ihrem Vater, „Ein ägyptischer Mann hat uns aus der Gewalt der Hirten befreit." (2. Mose 3,19). Mose heiratete später eine von ihnen.
Er hat die Mädchen aus der Gewalt der Hirten befreit…
Wie hat Mose das bewerkstelligt?
Hat er sich hingestellt und mit den Hirten diskutiert?
Hat er den Einsatz seines robusten Wanderstabes kategorisch ausgeschlossen? Hat er darauf beharrt, dass es hier nur eine diplomatische Lösung geben kann?
Ich glaube nicht, dass diese rauhen Gesellen seine klugen Argumente auch nur angehört hätten. Sie waren viele. Sie waren stark. Er war nur einer. Was konnte der schon ausrichten? Sein Team bestand aus jungen Frauen, sie hingegen waren Männer.
Nun, Mose gewann trotzdem.
Einer kämpfte allein für die gerechte Sache und setzte sich gegen die vielen Fieslinge durch.
Typisch Gott.

Christen lehnen Gewalt ab.
Doch es ist die Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass wir gewaltfrei leben können. Soweit sie Polizei und Justiz betrifft, ist die Obrigkeit, „Gottes Dienerin, dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.“ (Römer 13,4). Polizei und Justiz sind traditionell die Mittel, die Gott benutzt, um sich zu rächen, bzw. Vergeltung zu üben.

Der ukrainischer Staat ist gegenwärtig nicht in der Lage, seine Bürger im Osten des Landes ausreichend zu schützen. Ich weiß von evangelisch-freikirchlichen Gemeinden und ihren Pastoren dort unten, die von Separatisten und ihren russischen Protektoren regelrecht massakriert wurden. Die orthodoxe Kirche mag die neumodische bibeltreue Konkurrenz auch nicht und unter den Separatisten finden sich offenbar willige Vollstrecker, die das mit dem Tötungsverbot nicht so eng sehen.

Der Westen sollte die Ukraine zur Selbstverteidigung ermächtigen.
Wird die Ukraine in den nächsten fünf Jahren russisch, dann ist es Polen in den nächsten zehn Jahren auch. Und Deutschland mit seinem halben Panzer und seinem Flugzeug ohne Flügel wird als nächstes gefressen.
Spätestens dann werden wir uns wieder an gewisse Härten gewöhnen, Härten, die man sich auch jetzt zumuten könnte, um die Freiheit zu verteidigen, die andernfalls ganz sicher verloren geht.

Wenn das Haus brennt, muß man löschen.

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